Sorgen sind immer da

Eltern sein bedeutet neben Freude und Liebe immer auch Sorge. Eltern sorgen sich um die Gesundheit und Entwicklung ihrer Kinder, Menge und Art des Essens, mögliche oder stattgehabte Verletzungen, chronische Erkrankungen oder geplante Operationen. Sorgen bestehen auch zu sozialer und emotionaler Entwicklung, zur Eingewöhnung in den Kindergarten, Schulstart oder -wechsel, schulischen Leistungen, dem Freundeskreis und den Veränderungen, die die Pubertät bringt.

In den letzten Wochen und Monaten kommen zu all diesen Sorgen noch weitere dazu – Sorgen um die eigene Gesundheit und die Gesundheit der älteren Familienmitglieder, Sorgen um die wirtschaftliche Situation, um Veränderungen in der Gesellschaft und Sorge um die Zukunft. Zuletzt wurde durch den furchtbaren Terroranschlag auch noch das Gefühl von Sicherheit massiv erschüttert.

Was kann jetzt helfen?

Viele Eltern fragen sich, wie es ihren Kindern mit den aktuellen Veränderungen und Unsicherheiten im Alltag geht? Manche fühlen sich hilflos, weil sie das Gefühl haben, ihren Kindern nicht gut erklären zu können, was gerade passiert. Das Stresslevel jedes einzelnen ist erhöht, das Gefühl der Hilflosigkeit und Fremdbestimmung macht ruhiges und besonnenes Handeln schwieriger. In manchen Familien kommt es häufiger zu Auseinandersetzungen. Die Rolle des Elternseins wird schwerer durch die vielen Unsicherheiten.

Selbstfürsorge

Was können Sie als Eltern tun, um Ihre Kinder in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen? Zuerst ist es wichtig, für sich selbst zu sorgen. Wir wissen aus Untersuchungen, dass ein „rund-um-die-Uhr“ beschäftigen mit den Problemen und Ängsten negative Effekte im Sinn von Schlafstörungen, vermehrter Unruhe, Reizbarkeit und Ängstlichkeit, aber auch das Auftreten von Antriebslosigkeit, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten und ein zunehmendes Gefühl von Hoffnungslosigkeit auslösen kann. Es ist hilfreich, unsere Gedanken auf Dinge zu richten, die wir beeinflussen können, konkrete Dinge in unserem Alltag wie beispielsweise einen geregelten Tagesauflauf.  Aber auch regelmäßige Bewegung an der frischen Luft oder das Planen von regelmäßigen „Spielzeiten“, wo nicht über Zukunft, Sorge oder Krise gesprochen wird und die volle Aufmerksamkeit bei ihren Kindern liegt, kann den negativen Gefühlen entgegenwirken. In Krisen „vergisst“ man manchmal, was einem gut tut und Freude bereitet – versuchen Sie sich aktiv wieder an diese Dinge zu erinnern.

Limitierte „Sorgenzeit“ einrichten

Unsere Gedanken kreisen oft um die Fragen, ob Kindergärten oder Schulen wieder schließen werden, ob wir gesund bleiben, wann eine Impfung kommen wird, wie lange das alles noch dauern wird und ähnliches mehr. Antworten auf diese Fragen können wir jedoch nicht finden und so kann es sein, dass solche Gedanken den Großteil des Tages bestimmen. Eine bewährte Methode ist es, sich eine fixe „Sorgenzeit“ einzuplanen, eine Zeitspanne von beispielsweise 10-15 Minuten pro Tag, die ganz den Ängsten und Sorgen gewidmet ist. In dieser Zeit kann aktiv und intensiv über all diese Dinge nachgedacht oder gesprochen werden, nach Ablauf der geplanten Zeit soll jedoch wieder aktiv zum Alltag zurückgekehrt werden und eine positive Handlung gesetzt werden – beispielsweise Musik hören, Bewegung machen oder ein Spiel spielen. Durch Einführung einer limitierten und fix eingeplanten Zeit für die aktuellen Sorgen fällt es vielen Menschen leichter, die ungewünscht zwischendurch auftretenden Gedanken wegzuschieben und sich auf das hier und jetzt – das Spiel mit den Kindern, die Arbeit, den Spaziergang, das Kochen oder Essen, usw. – zu konzentrieren.

Bei Einführung der „Sorgenzeit“ ist es wichtig einen Wecker zu stellen, um die geplante Zeit nicht zu überschreiten. Auf genügend zeitlichen Abstand zwischen der „Sorgenzeit“ und dem Schlafengehen ist zu achten, falls möglich ist ein Zeitpunkt in der Mitte des Tages dafür empfohlen.

Sich mal ausklinken

Wir wissen aus Untersuchungen, dass es hilfreich ist, den Nachrichtenkonsum auf begrenzte und festgelegte Zeiten am Tag zu begrenzen, stundenlange „Berieselung“ von Informationssendungen, egal ob Fernsehen, Radio oder Internet können die Anspannung deutlich erhöhen. Vielleicht wollen Sie sich bewusst für ein paar Tage oder ein Wochenende eine Pause von den Berichterstattungen nehmen?

Wie rede ich mit den Kindern über bestimmte Themen?

Kleinere Kinder verstehen zwar meist die Zusammenhänge noch nicht, nehmen jedoch ganz genau Stimmungen wahr, können beispielsweise fühlen, dass ihre Eltern angespannt, unsicher oder traurig sind. Es ist deshalb wichtig, ehrlich seine Gefühle in kindgerechter Form mitzuteilen, also auch mal zu sagen, dass man traurig ist oder sich Sorgen macht.

Wenn Fragen von den Kindern kommen, sollte man sie möglichst ehrlich beantworten. Es ist dabei nicht wichtig, Details zu erklären, sondern eher darüber zu sprechen, welche Gefühle ein gewisses Ereignis auslöst. Ab dem Schulalter ist es wichtig, aktiv aktuelle Ereignisse anzusprechen, die in den Medien berichtet werden, um den Kindern zu helfen, einen geordneten Umgang mit den Inforationen zu bekommen.

Ein unkontrolliertes Konsumieren von Videos auf youtube oder social media ist ein häufiges Thema bei Jugendlichen und war auch nach dem Terroranschlag zu sehen. Hier ist es wichtig, Gespräche anzubieten, sich erzählen zu lassen, welche Inhalte in der Freundesgruppe geteilt werden und zu fragen, was sie bewegt und ängstigt. Eine alleinige Ablehnung der sozialen Medien hat möglicherweise den Effekt des Rückzugs der Jugendlichen und kann dazu führen, dass sie sich mit ihrer Angst und ihrem Schmerz allein gelassen fühlen.

Hilfe suchen

Die Konsequenzen dieser Pandemie und die daraus folgenden Maßnahmen machen uns oft Angst und lassen uns teilweise hilflos zurück. Manchmal gibt es Situationen, die sogar die stärksten Menschen nicht mehr alleine bewältigen können. Holen Sie sich Hilfe, wenn Sie zwischendurch nicht mehr weiterwissen.

Dr. Petra Krenn-Maritz, MPH

Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde

Additivfach Neonatologische und Pädiatrische Intensivmedizin 

Traumatherapeutin

TRT („teaching recovery techniques“)-Trainerin

Frau Dr. Petra Krenn-Maritz bietet neben ihrer kinderärztlichen Tätigkeit auch traumatherapeutische Begleitung für Eltern an, deren Kinder nach Frühgeburt oder schwerer Erkrankung den Beginn des Lebens im Krankenhaus verbringen mussten.

Bei vielen dieser Eltern entwickeln sich in den Wochen der Unsicherheit und Sorge Symptome wie vermehrte Unsicherheit, Angst, Schlafstörungen, angespannte Stimmung oder Nervosität. Auch nach Entlassung können diese Gefühle anhalten, manchmal sogar zunehmen. Das therapeutische Angebot hat zum Ziel ressourcenorientiert und stärkend bestehende Schwierigkeiten im Alltag zu bewältigen sowie die belastende Erfahrung in die Lebensbiografie einzuordnen.

Für weitere Information oder Terminvereinbarung:

www.wiedervertrauen.at

office@wiedervertrauen.at

petra.krenn-maritz@kinderarztpraxis-schumanngasse.at

Im Folgenden sind Kontakte für Hilfe in akuten Krisen aufgelistet:

PSD – Not- und Krisendienst: 01/31 330

Notfallpsychologischer Dienst Österreich: 0699 188 554 00

Kriseninterventionszentrum (ab 18 Jahre): 01/406 95 95

Beratung für Elternfragen oder Krisen in der Familie:

https://www.rataufdraht.at/eltern

https://www.familienberatung.gv.at/krisen/

Beratung für Alleinerzieherinnen:

http://www.alleinerziehen.at/beratung-bei-gewalt-und-in-krisensituationen