Atopische Dermatitis (Neurodermitis)
Synonym/Definition Neurodermitis (atopische Dermatitis)
Der Begriff Atopische Dermatitis (AD) hat sich in der Fachliteratur durchgesetzt – und setzt sich zusammen aus Atopie (anlagebedingte Bereitschaft, gegen bestimmte äußere Substanzen ohne klar ersichtlichen Grund überempfindlich zu reagieren) und Dermatitis (=Entzündung der Haut). Der umgangssprachlich häufig verwendete Begriff Neurodermitis ist veraltet. Die atopische Dermatitis ist eine in Schüben verlaufende, stark juckende Hauterkrankung.
Wichtige Infos
- 5-20% aller Kinder betroffen, Tendenz steigend
- 60% entwickeln Symptome im 1. LJ
- 50% der betroffenen Säuglinge können bis Ende 2. LJ symptomfrei gemacht werden
- meisten Fälle heilen bis zur Pubertät ab, es bleibt aber eine Neigung zu trockener Haut
- Ekzem kann immer wieder aufblühen (Stress, äußere Reize, Krankheit) und dann über Wochen bis Monate bestehen
- wenn beide Elternteile von atopische Dermatitis (Neurodermitis) betroffen sind, ist Wahrscheinlichkeit für Kind 75% auch an atoptischer Dermatitis (Neurodermitis) zu erkranken, bei einem Elternteil liegt das Risiko bei 30-505
- durch unterschiedlichste Umwelteinflüsse kann es zu einer überschießenden Reaktion des Immunsystems kommen, da Atopiker sehr leicht IgE bilden, die für Heuschnupfen, allergisches Asthma und Nahrungsmittelallergie verantwortlich sind
- Ursache für die Ekzembildung ist die unterbrochene Hautschutzbarriere bspw. durch eine Mutation im Fillagrin Gen, daher können Allergene und Irritantien leichter eindringen
Diagnostik/typischer Verlauf
Häufige Beschwerden:
- typischer Verlauf in Schüben, dazwischen Beschwerdefreiheit
- Ekzeme: Rötung, Schwellung, Bläschenbildung, Schuppung, Nässen,
- besondere Form Lutsch- und Schleckekzem: durch Lippenschlecken und Schnuller mehr Speichelfluss mit Rötung etc. v.a. um Mund
- Trockenheit der Haut
- Juckreiz: als besonders quälend empfunden, Kratzen verschlimmert die Hautschäden und damit auch wieder den Juckreiz
- Infektionen: häufige Hautinfektionen mit Bakterien, Viren und Pilzen – bspw. Schmutzflechte = Impetigo contagiosa (Mundwinkel, Handflächen…, typische Bläschen, gelbe Flüssigkeit und Krusten, Ausbreitung auf ganzen Körper möglich), Mollusca contagiusum und Ekzema herpeticatum!
- Allergien: nach Allergenexposition Erkrankungsschübe möglich (Auslöser: Baum- oder Gräserpollen, Milben oder Tierhaare, Nahrungsmittel)
Prädilektionsstellen:
- Säugling: leiden häufig unter entzündlichen oder trockenen Hautstellen im Gesicht und am Kopf, Streckseiten der Extremitäten
- Kleinkind: Im Kindergartenalter treten dann häufiger an den Ellenbeugen und Kniekehlen, seitlich am Nacken und an Handgelenken und Fußgelenken etc Ekzeme auf, sehr trockene Kopfhaut
Diagnose:
- Blickdiagnose!
- Anamnese v.a. Heuschnupfen, Asthma, Ekzeme auch in der Familie
- Gesamt-IgE, Eosinophilie, Allergietests (nicht routinemäßig im Einzelfall aber nötig)
Pflege/Therapie
Allgemeines:
- Neurodermitis ist Erkrankung, die viel Eigeninitiative erfordert: konsequente Hautpflege ist essentiell! konsequentes Stressmanagement nicht vernachlässigen!
- Ursache nicht hinreichend bekannt, daher Therapie = symptomatisch
- Prinzip: kontinuierliche und regelmäßige Hautpflege mit rückfettenden Präparaten, Noxen /Putzmittel etc. meiden
- Therapie immer individuell zusammenstellen, jeder braucht etwas Anderes.
- 5 Säulen:
- Schulmedizin
- Alternativmedizin
- Licht-, Klimatherapie
- Ernährung
- Linderung des Juckreizes
allgemeine Empfehlungen für Kinder:
- nur kurze lauwarme Bäder (Reinigung im notwendigen Ausmaß, Zugabe von medizinischen Badeölen)
- sofortige Hautpflege nach dem Waschen und Schwimmen: nur abtupfen, nicht reiben!
- kurz geschnittene Fingernägel
- weiche Baumwollkleidung, keine tierische Wolle (Schafwollpullover oder Nylon)
- Antihistaminika eher abends verabreichen (wegen Müdigkeit)
- keine überheizten Räume, frische Luft
- kein Tierhaarkontakt (v.a. Katze) im Wohnbereich
Medikamente/Therapieoptionen:
- Basistherapie (die Alter des Kindes und Jahreszeit angepasst wird)
- Kortison topisch angewendet wirkt rasch und gut (in der akuten Phase)
- alternativ zu Kortison Elidelcreme oder Protopicsalbe (topische Immunmodulatoren)
- Und als Intervalltherapie zum Reduzieren der Schübe pro Jahr:
- Antihistaminika für Akutphase mit quälendem Juckreiz (u/oder Pollensaison)
- Hautinfektionen erregerspezifisch behandeln (meist Staphylokokken-Infekte)
- UV-Bestrahlungen
- Stressmanagement
Dr. Alice Pinc – Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten, zuständig für Kinderdermatologie in der Kinderarztpraxis Schumanngasse.
Literatur
www.netdoktor.at
www.hautinfo.at
T Werfel et al. Neurodermitis S2-Leitlinie 2008
Höger et al Kinderdermatologie 3. Auflage